Sport im Gefängnis Bässlergut: Das Recht, im Regen zu stehen

14. Januar 2022

Im Gefängnis Bässlergut sind Sport und Bewegung in den Fitnessräumen und im Spazierhof möglich. Eingewiesene Personen können ihr Programm innerhalb der verfügbaren Zeitfenster selbst gestalten.

Im Gefängnis Bässlergut gibt es keine Turnhalle mit geführtem Sportunterricht wie im Untersuchungsgefängnis. Dafür verfügen die Haftanstalt über zwei Fitnessräume und ein relativ grosszügiges Zeitfenster für den Aufenthalt in einem der Spazierhöfe. Für Männer im Strafvollzug sind das zwei zusammenhängende Stunden pro Tag. Am anderen halben Tag arbeiten sie in der internen Werkstatt. In der Ausschaffungshaft dauert der Hofgang drei Stunden, entweder getrennt von 8 bis 10 Uhr und 12 bis 13 Uhr oder von 13 bis 16 Uhr. Im Gegensatz zum Untersuchungsgefängnis können sich die Leute dabei frei bewegen. Es ist Teil der Resozialisierung, dass sie selber bestimmen können, ob und wie oft sie sie im entsprechenden Zeitrahmen in den Hof gehen. So können sie zum Beispiel draussen Fussball spielen, danach zurück auf die Station gehen, duschen, wieder hinausgehen und rauchen. Im Spazierhof steht ein Tischtennis, ein Velogerät ist fest montiert, ein Korb für Basketball und eine Kraftstange für verschiedene Übungen werden angeboten. Daneben hängt ein Plakat, das zusammen mit dem Sportamt erstellt wurde. Darauf sind Vorschläge für Bewegungsübungen abgebildet, verständlich und selbsterklärend, denn es ist niemand vor Ort, der die Leute instruiert. Nebst Kraftübungen am beliebtesten ist Fussball, wie wohl überall auf der Welt unter jungen Männern; auch Tischtennis ist populär.

Der Spazierhof darf maximal zu 2/3 fest überdacht sein, denn die Eingewiesenen haben das Recht darauf, der Witterung ausgesetzt zu sein, sprich im Regen zu stehen. «Das macht aber kaum jemand», meint Michel Strau, Leiter Vollzug von beiden Haftarten im Gefängnis Bässlergut (Strafvollzug und Ausschaffungshaft), lachend.

Fitnessräume im Gefängnis

Nebst den Spazierhöfen gibt es zwei Fitnessräume, einen pro Gebäude. Leute im Strafvollzug dürfen diesen eine Stunde pro Woche nutzen, getrennt nach Stationen. Erfahrung damit gibt es bisher wenig, denn kaum eröffnet im Januar 2020, kam die Pandemie dazwischen und die Fitnessräume wurden geschlossen. Unterdessen werden sie rege genutzt. Bis zu acht Personen sind gleichzeitig anwesend. Ein Aufseher bleibt präventiv vor Ort, damit es nicht zum Streit um ein Gerät kommt. Die Aufseher wurden vorgängig von einem Fitnesstrainer instruiert, wie man die Geräte ordnungsgemäss benutzt, denn sie müssen aufpassen, dass sich niemand verletzt. Die Fitnessräume wurden von zwei Mitarbeitern geplant und eingerichtet. Es werden aus Sicherheitsgründen vor allem Ausdauergeräte angeboten. «Hanteln könnten plötzlich herumfliegen, das muss man in einem Gefängnis berücksichtigen. Es ist nicht wie in einem Fitnesszentrum, wo jeder mit einem Abo selber verantwortlich ist für sein Verhalten. Die Leute sind bei uns eingesperrt und wir sind vollumfänglich zuständig für ihre Unversehrtheit», erklärt Michel Strau.

Für Männer in Ausschaffungshaft sind die Öffnungszeiten länger. Eine Stunde am Wochenende und einmal 45 Minuten unter der Woche. Das wird je nach Konstellation der Insassen mehr oder weniger genutzt. Nicht alle wollen Sport machen. Die Aufseher merken, wenn sich jemand zurückzieht und nie in den Spazierhof geht. Man merkt das am Gruppenverhalten und kann auf die Person eingehen und allenfalls etwas unternehmen wie zum Beispiel Suizidprävention. Der Spazierhof wird wetterabhängig genutzt. Im Winter oder bei Regen ist manchmal niemand dort oder nur ein, zwei Jogger. Im Sommer ist er voll. Im Hof ist eine Dusche installiert zum Abkühlen, wenn es wirklich heiss wird, damit die Spieler nach einem Fussballmatch nicht zuerst auf die Station gehen müssen.

Wettbewerbe statt Fussballplatz

Der beschränkte Platz innerhalb der Gefängnismauern bestimmt die geeignete Sportausrüstung. Es macht keinen Sinn, drei Tischtennistische aufzustellen, wenn man dann nicht mehr Fussball spielen kann. «Wir hätten gerne einen ganzen Fussballplatz auf der Wiese hinter dem Gefängnis, aber das geht natürlich nicht. Die interkantonale Vollzugsanstalt Bostadel hat einen solchen innerhalb der Gefängnismauern, denn dort bleiben die Leute länger in Haft als bei uns im Gefängnis Bässlergut. In der Ausschaffungshaft sind sie nur wenige Tage bis vier Wochen. Im Strafvollzug ist die durchschnittliche Aufenthaltsdauer 56 Tage. Wirkliche Sportprogramme sind da schwierig», erklärt Strau.

Grosser Beliebtheit erfreuen sich Wettbewerbe, wie er weiter ausführt: «Bis vor Covid haben wir ab und zu ein kleines Turnier durchgeführt. Das möchten wir wieder einführen. Die Mitarbeiter organisieren das jeweils pro Station, z.B. Penaltyschliessen oder Basketballwettbewerbe, Töggelikasten, Tischtennis. Dann geben wir kleine Preise ab wie Zigaretten oder Telefonkarten, etwas, das einen Wert hat für die Insassen. Fussball interessiert 70-80 Prozent der Insassen, denn inhaftiert sind vor allem junge Männer. Während der WM und der EM organisieren wir Wettbewerbe wie Tippspiele. Das kommt gut an.» In diesen Zeiten bilden sich im Spazierhof vermehrt Mannschaften, die gegeneinander spielen, Nordafrikaner gegen Schwarzafrikaner, z.B. Kameruner gegen Algerier.

Sport und Bewegung im Gefängnis sind eine gute Sache. Alles, was ablenkt, den Tag verkürzt und Abwechslung bringt, wird geschätzt. Jede Möglichkeit, Dampf gewaltfrei abzulassen und etwas für die Gesundheit zu tun, bietet nur Vorteile. Sport ist eine Win-win-Situation im Gefängnisalltag.