Projekt Optio: Lebensphasenorientiertes Arbeiten

29. April 2022

Mit dem Projekt Optio erhalten Schichtdienst-Mitarbeitende der Rettung Basel-Stadt Unterstützung für eine andere Anstellung in einer späteren Lebensphase - Teilnahme und Mitwirkung auf freiwilliger Basis.

Mit «Optio» reagiert der Arbeitgeber auf die Herausforderungen des steigenden Rentenalters und der altersbedingten Leistungsabnahme: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Rettung Basel-Stadt erhalten hinsichtlich einer zukünftigen Lebensphase Optionen für alternative berufliche Tätigkeiten. Erkenntnisse aus diesem Projekt, das vor wenigen Jahren versuchsweise gestartet wurde, lassen sich allenfalls auch für andere Berufsgruppen im Justiz- und Sicherheitsdepartement oder kantonsweit anwenden.

Im Rahmen des Projekts Optio wurde ein Prozess definiert, der den spezialisierten Mitarbeitenden von Berufsfeuerwehr und Sanität der Rettung Basel-Stadt Optionen für eine neue berufliche Tätigkeit in einer späteren Lebensphase schafft. Dieser Prozess erfasst die bisher erworbenen Fähigkeiten, die Stärken und Schwächen sowie die Interessen der Mitarbeitenden und stellt eine für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewinnbringende Förderung sicher. Da die Tätigkeiten der Fachspezialistinnen und -spezialisten bei der Berufsfeuerwehr und der Sanität unter anderem eine hohe physische Belastbarkeit voraussetzen, steigt mit zunehmendem Alter die Wahrscheinlichkeit, dass die erforderliche Einsatzfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Falls jemand ab einem bestimmten Alter nur noch teileinsatz- bzw. nicht mehr einsatzfähig ist, sollen mit den frühzeitig und individuell erarbeiteten Optionen alternative Möglichkeiten offenstehen.

Die Sensibilisierung für diese Thematik ist die zentrale Herausforderung, gilt es doch, die Mitarbeitenden für das konkrete Angehen einer anderen beruflichen Zukunft zu einem Zeitpunkt zu motivieren, in dem sie ihren Beruf in voller Leistungsstärke ausüben. Unter Beizug von Coaches, Laufbahnberatungen und Linienverantwortlichen sollen mögliche berufliche Optionen evaluiert werden. Die Laufbahndefinition ist abgeschlossen, wenn eine unterzeichnete Vereinbarung vorliegt. Darin sind sämtliche relevanten Belange wie Ausbildungsweg, Verpflichtungsdauer oder Kostentragung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu regeln - analog zu anderen Weiterbildungsvereinbarungen. Nach Beginn der vereinbarten Weiterbildung werden regelmässig Standortbestimmungen durchgeführt. Die Teilnahme am Programm ist für die Arbeitnehmenden freiwillig. Die Projektumsetzung wird von der Fachhochschule Nordwestschweiz begleitet und evaluiert.

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Erfolgreich unterwegs in diesem Prozess ist unter vielen auch Thomas Nyffeler aus der Abteilung Feuerwehr, der gerne über seine Erfahrungen Auskunft gibt. Er trat 1993 als Aspirant in die Berufsfeuerwehr Basel ein und hat sich seither (mit entsprechenden Weiterbildungen) «Rang für Rang nach oben» gearbeitet. 2015 wurde er zum Offizier befördert und seit 2019 amtet er als Teamleiter Einsatzplanung.

Was war Ihre ursprüngliche Motivation, bei «Optio» einzusteigen?
Meine Motivation war einerseits das eigene Wissen im Bereich Brandschutz zu erweitern. Vor allem aber wollte ich Antworten resp. Lösungen auf die Frage finden: Was passiert, falls ich eines Tages aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr auf der Wache arbeiten kann? Diese Frage beschäftigte mich übrigens schon lange vor dem Start des Optio-Projekts. Für mich ist es wichtig und unabdingbar, sich aus Eigeninteresse schon früh mit dieser Frage proaktiv auseinander zu setzen, um dem Findungsprozess die notwenige Zeit zu geben. Seit 2010 bilde ich mich deshalb auch regelmässig weiter.

Anschlussfrage: In welche Richtung gingen Ihre ersten Ideen einer Weiterbildung und warum haben Sie sich letztendlich für «Brandschutzfachmann» entschieden?
Nebst der Idee im Bereich meines angestammten Berufs etwas zu machen, war relativ schnell klar, auf die Karte «Brandschutzfachmann mit eidgenössischem Fachausweis» zu setzen. Immer wieder tauchen im Rahmen der Einsatzplanung auch Fragen zum Thema Brandschutz auf. Das neu erworbene Wissen kommt somit nicht nur mir, sondern auch der Rettung zugut.

Wo lagen und liegen für Sie im ganzen Prozess die grössten Herausforderungen?
Aufgrund der jederzeit und auf beiden Seiten offenen Kommunikation und Motivation lief alles wie geplant. Könnte ich es nochmals von Anfang an machen, würde ich persönlich die Ausbildungsdauer nicht mehr so kompakt, sondern zeitlich länger aufgeteilt planen. Generell ist natürlich die zusätzliche Belastung während der Ausbildung sehr hoch – dies erfordert speziell auch vom Umfeld grosses Verständnis. Damit es in meinem Fall überhaupt funktioniert, habe ich mein Arbeitspensum um 20% reduziert; damit habe ich mir auch die zeitliche Möglichkeit geschaffen, bei einer Brandschutzfirma als Praktikant (und ohne Lohn) einzusteigen. So schaffe ich mir nebst der Theorie auch gleich den Praxisbezug.

Was war auf dem bisherigen Weg für Sie persönlich unerwartet, überraschend oder einfach speziell erwähnenswert?
Wirklich überrascht war ich ehrlich gesagt über den tatsächlichen Stundenaufwand zum Lernen (plus/minus 20 Stunden/Woche) – auch da dies aus verständlichen Gründen im Vorfeld/beim Start der Ausbildung nicht wirklich abschliessend klar war. Nebst einer notwendigen und hohen Eigendisziplin im ganzen Prozess, dem Verständnis aller im nahen beruflichen und privaten Umfeld, kommt mir hier auch das Schichtmodell (Stichwort: zeitlich flexibles Lernen) entgegen. Enorm profitiere ich auch von der internen Lerngruppe inkl. begleitendes Coaching.

Wesentlich ist auch der Wissenserhalt nach Abschluss der Weiterbildung: Wie sieht diesbezüglich Ihr Plan aus?
Nach den Prüfungen am 9. und 11. Mai 2022 sind grundsätzlich zwei bis drei Schienen angedacht: Obligatorisches Repetitivum von Seiten Schule (ansonsten «verfällt» auch der eidg. Titel) und weiterhin Praxis-Tätigkeit als Praktikant. Plus erstmals als Grobidee: Eventuell bestünde auch im Kanton (z.B. beim Hochbauamt) die Möglichkeit auf Projekts- und Stundenbasis bei Brandschutzfragen/Gebäudeplanungen etc. mitzuwirken? Dies muss natürlich nach Prüfungsabschluss noch mit allen Beteiligten besprochen werden.
Gerne möchte ich mich beim Arbeitgeber Basel-Stadt für die Teilnahmemöglichkeit am Optio-Projekt bedanken – aber nicht zuletzt auch allen Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Rettung und dabei speziell der Berufsfeuerwehr für ihre Unterstützung und das Verständnis (u.a. bei der Arbeits-Kompensation in Folge meiner Abwesenheiten)!

In Zahlen

Seit Beginn des Projekts Optio im Jahr 2019:
- 54 Teilnehmende an spezifischer Infoveranstaltung
- 37 Anmeldungen für Prozess (~50% Bedarf Berufsberatung)
- 12 Rückzüge/Sistierungen (inkl. Aus-/Übertritte)
- 9 Weiterbildungsvereinbarungen abgeschlossen
- 3 Weiterbildungen abgeschlossen
- 0 Komplettwechsel in «Optio-Funktion»