Kameras für mehr Sicherheit

18. August 2023

Die Dreirosenanlage kam im Frühsommer nicht aus den Schlagzeilen: Woche für Woche mussten Polizei und Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit über Messerstechereien und Schlägereien orientieren. Die Zunahme der schweren Gewalttaten rund um den Quartiertreffpunkt wird nun, zusätzlich zu den bisherigen Massnahmen, mit einer konsequenten Videoüberwachung bekämpft.

Ein Donner grollt, Platzregen bricht aus den nächtlichen Wolken hervor und taucht das Kleinbasel in einen schwül-warmen Wassernebel. Der Feldweibel 1 der Kantonspolizei Basel-Stadt sitzt auf dem Beifahrersitz des VW T6 am Rande der Dreirosenanlage und nickt zufrieden: «Das gibt einen ruhigen Nachtdienst. Das Gewitter spült in der Regel auch unsere Klientel fort», sagt der Einsatzleiter mit der Erfahrung von dreissig Dienstjahren bei der Polizei. Er und sein Einsatzelement Brennpunkte (EBP) sind an diesem Wochenende wieder einmal am Hotspot Dreirosenanlage unterwegs, um im Rahmen der Sommeraktion gegen Gewalt für Ruhe zu sorgen.

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Die Kantonspolizei schlichtet einen Streit auf der Dreirosenanlage und sorgt für Ruhe und Ordnung. Aber die Polizistinnen und Polizisten können nicht immer und überall so präsent sein wie bei dieser geglückten Intervention.

Ehrlichweise muss man sagen: Es gelingt nicht immer. Wie auch? Eine permanente Präsenz rund um die Uhr mit einer Mannschaftsstärke wie während der Sommeraktion ist personell gar nicht zu stemmen. In irgendeiner Ecke findet sich immer ein Zeitfenster, in dem das Verbrechen zuschlagen kann. Heute Abend sorgt das Gewitter für Ruhe. Fast: Im Unterstand der Brücke, geschützt vor dem Regen, geht eine Gruppe Algerier aufeinander los, weil einer dem andern das Handy geklaut hat. Der Feldweibel 1 und sein Team können zum Glück intervenieren und die nächste Schlagzeile verhindern.

Der Nutzungskonflikt

Eigentlich hat die Dreirosenanlage alles, was einem Städte-Architekten frisch von der Uni für einen Erholungsraum im Quartier in den Sinn kommen könnte: eine grosszügige grüne Wiese für Fussball und Picknick und die Basketballanlage, gleich angrenzend an Jugendzentrum und Schulhaus. Schattenplätze unter Bäumen, dazu ein grosser Brunnen zur Abkühlung. Dazu direkt am Rhein noch der «Muscle Beach» mit Geräten für die Fitnessfreaks.

Doch die Dreirosenanlage zieht auch eine Klientel an, der weniger an familienfreundlicher Erholung gelegen ist. «Die Anlage ist seit längerer Zeit ein Treffpunkt vor allem für junge Männer aus Nordafrika. Die meisten sind Asylbewerber, darunter viele Abgewiesene, auch aus dem nahen Frankreich treffen sich hier viele», sagt der Feldweibel 1. «Nicht alle, aber viele fallen durch deliktisches Handeln auf: Sie dealen mit Drogen, es kommt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen unter den Gruppen, oft sind Messer im Spiel.»

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Die Videoüberwachung ist nicht zu übersehen und klar signalisiert.

Zwar ist die Polizei schon seit längerer Zeit präsent, es gibt seit Jahren einen runden Tisch mit zahlreichen Vertretern aus dem Quartier und einen Rangerdienst, doch die verschiedensten Massnahmen haben die Konflikte noch nicht auf ein erträgliches Mass reduziert.

Kameras zur Abschreckung und zur Strafverfolgung

Anfang Juli haben sich die Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements und die Kantonspolizei dazu entschieden, die Dreirosenanlage zusätzlich mit Videokameras zu überwachen. Das ist kein leichtfertiger Beschluss: Zu diesem Mittel wird nur gegriffen, wenn andere Massnahmen die gewünschte Wirkung nicht erzielen. In der Vergangenheit kam es dazu erst einmal, als sich im Sommer 2021 im Hafenareal an der Uferstrasse Delikte und Ausschreitungen häuften.

Nach der Vorabkontrolle des Videoreglements durch den kantonalen Datenschützer hat die Videoüberwachung des Dreirosenareals Mitte August 2023 angefangen. Insgesamt 16 Kameras überwachen eine Fläche, die vom Unteren Rheinweg vor dem Theobald Baerwart-Schulhaus bis zur Ecke Klybeckstrasse und Badenweilerstrasse reicht. Am prominentesten sind die «Kameratürme» auf der Dreirosenanlage selber, deren imposante Erscheinung die an sich schon präventive Wirkung von Kameras noch verstärken dürfte.

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Die Videoüberwachung der Dreirosenanlage ist bis Ende Oktober 2023 im Einsatz.

Die Kameras ermöglichen aber auch eine effektivere Strafverfolgung, wenn im Sichtfeld der Linsen kriminelle Handlungen begangen werden. So können Ermittler bis zu sieben Tage nach einer Tat auf die Aufzeichnung zugreifen und sie sichern, danach werden alle Aufnahmen definitiv gelöscht. Gemäss den strengen Vorschriften des Videoreglements haben auch Mitarbeitende der Einsatzzentrale Zugriff auf die Live-Bilder der Kameras. Allerdings überwachen sie diese nur aktiv, wenn eine Requisition oder eine eigene Feststellung einer Patrouille vor Ort einen Einsatz auslöst. Die EZ-Mitarbeitenden können in diesem Fall über die Live-Bilder den Einsatz koordinieren oder auch eine allfällige Fluchtrichtung feststellen.

Warten auf den Herbst

Die Vorhersage des Einsatzleiters hat sich bewahrheitet. Die Nacht bleibt, abgesehen von dem kurzen Intermezzo wegen eines Handys, ruhig und vor allem nass. Das Team des Einsatzelements Brennpunkte wird nicht zu einer Messerstecherei oder einer ähnlichen Gewalttat gerufen. «Regen ist der beste Polizist», wiederholt er ein altes Polizeisprichwort und gönnt sich einen Kaffee im trockenen Pausenraum der Nachtdienstschicht.

Doch mit den Gewittern ist es so eine Sache – sie kommen nur in den seltensten Fällen, wenn man sie braucht. Darum heisst es für die Polizei: Warten auf den Herbst. Denn die Kameras dürfen nur bis Ende Oktober im Einsatz sein. Dann sollten das herbstliche Wetter und die sinkenden Temperaturen die hitzigen Gemüter auf der Dreirosenanlage abkühlen.

 

 

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Info
Die Kameras filmen nur den öffentlichen Bereich der Dreirosenanlage. Durch die Kameras erfasste private Grundstücke sowie Hauseingänge, Fenster, Balkone etc. werden digital geschwärzt und können von der Polizei nicht eingesehen werden. Dies wird durch den kantonalen Datenschützer überprüft und kontrolliert.