CSI: Basel – dem Verbrechen auf der Spur

29. April 2021

Seit 2016 führt Markus Looser die Kriminaltechnische Abteilung der Basler Staatsanwaltschaft. Im Interview spricht der Kriminalist über Fingerabdrücke, die Zukunft der KTA – und den Unterschied zwischen TV-Sendungen und der Realität.

«Die Realität ist ‹Chnübli›-Arbeit. Ich sitze fünf Stunden am Mikroskop, aber so lange schaut mir ja keine Kamera zu.» Markus Looser, Leiter der Kriminaltechnischen Abteilung der Staatsanwaltschaft Basel-Stadt, zum Unterschied zwischen TV-Fiktion und Berufsrealität.

Die Kriminaltechnik kennt jeder aus dem Fernsehen – Männer im weissen Overall, die Leichen aus allen Winkeln fotografieren. Wie geht ihr bei einem Tötungsdelikt vor?

Primär sichern wir alle Spuren, die in Zusammenhang mit einer möglichen Täterschaft oder einem möglichen Tatablauf stehen. Das sind einerseits natürlich DNA-Spuren. Aber gerade bei möglichen Beziehungsdelikten auch Mikrofasern, die wir Menschen austauschen. So können wir beispielsweise Momente eingrenzen, in denen solche Fasern ausgetauscht wurden. In der Regel weiss man erst am Schluss, welche Spuren man übersehen hat. Man hat also nur eine Chance. Darum werden in so einem Fall so viele Spuren wie möglich gesichert.

Der Bereich der Kriminaltechnik hat viel Popularität gewonnen durch die ganzen CSI-Serien im Fernsehen. Wie viel hat das mit der Realität zu tun?

Naja, die werden zwar von Fachpersonen beraten, aber diese Serien müssen ja auch dramaturgisch was hergeben. Die Realität ist «Chnübli»-Arbeit. Ich sitze fünf Stunden am Mikroskop, aber so lange schaut mir ja keine Kamera zu. In der Realität dauert alles länger und es ist viel komplexer.

In Basel gibt es zum Glück kaum gewaltsame Todesfälle. Aber wenn, dann ist damit meist ein grosses Medieninteresse verbunden. Hat das jeweils einen Einfluss auf eure Arbeit?

Eigentlich nicht. Alles, was ausserhalb der Türe einer Tatort-Liegenschaft passiert, muss uns nicht interessieren. Wir hatten aber auch schon den Fall, dass uns Nachbarn erzählten, wie aufdringlich und penetrant Medienschaffende versuchen, in der Nachbarschaft an Informationen über einen Mordfall ranzukommen. Aber unsere Arbeit hat das nicht tangiert, wir hatten hinter den Absperrbändern den Rücken frei.

Themawechsel: Bei dir im Büro hängt ein riesiger Fingerabdruck an der Wand. Wie wichtig ist der klassische Fingerabdruck eigentlich noch bei der Aufklärung von Verbrechen?

Für mich ist das immer noch die Königsspur. Wenn ich einen Fingerabdruck an einem nicht beweglichen Gegenstand finde und ihn zuordnen kann, dann weiss ich: Diese Person muss dort gewesen sein. Bei der DNA ist das nicht ganz so einfach, denn DNA-Spuren werden leicht übertragen und verschleift. Da müssen auch wir extrem vorsichtig sein, dass wir DNA-Spuren nicht verteilen. Dazu kommt, dass wir viel mehr Fingerabdrücke in der Datenbank haben als DNA-Profile. Trotzdem überführen wir heute die meisten Täter mittels DNA-Spuren.

Gibt es das perfekte Verbrechen? Einen Tatort ohne Spuren?

Nein, das gibt es nicht. Die Kunst ist aber, die Spuren dort zu finden, wo sie sind. Ich will ja nicht einfach Spuren, sondern solche, die tatrelevant sind.

Morde und gewaltsame Todesfälle sind wie erwähnt eher die Ausnahme. Was ist euer tägliches Brot?

Vor allem Einbrüche. Aber auch Körperverletzungsdelikte und Brände. Erst dann kommen die Todesfälle.

Stichwort Komplexität: Die Kriminaltechnik entwickelt sich ständig weiter. Kommt man heute nur noch als Akademiker und Naturwissenschaftler zu euch?

Derzeit haben wir keine akademischen Mitarbeitenden, wir können aber ab Juli jemanden einstellen. Die Anforderungen werden immer mehr steigen. Zum Beispiel DNA-Spuren: Diese sind auf einer likelihood-ratio definiert. Da geht es um Hypothesen und Wahrscheinlichkeitsrechnungen, das kommt immer mehr. Der Trend geht klar in diese Richtung, in Zukunft wird es für Polizisten ohne naturwissenschaftliche Ausbildung eher schwierig werden. Aber es braucht eine gute Mischung.

Zur Person

Markus Looser trat 1986 in das Korps der Kantonspolizei Basel-Stadt ein. 1992 kam der 57-jährige Basler zur Kriminaltechnischen Abteilung. Ab 2000 arbeitete er 16 Jahre lang im Exil bei der Baselbieter KTA, seit 2016 leitet Looser die hiesige Kriminaltechnik mit 18 Mitarbeitenden.